Warnung: In diesem Beitrag geht es um den plötzlichen Tod unseres Haustieres
Vor drei Tagen klingelte es abends an der Haustür, als alle Kinder gerade eingeschlafen waren (bis auf die Älteste).
Wir fragten zuerst skeptisch durch die verschlossene Tür nach, da manchmal Hermes noch bis 21 Uhr ausliefert, aber wir erwarteten nichts. Wir standen einem uns unbekannten Nachbarn (von etwas weiter die Strasse runter) gegenüber, der uns fragte, ob wir eine grau getigerte Katze hätten.
In diesem Augenblick lief ganz automatisch ein kleiner Film vor meinem inneren Auge ab und ich wusste schon, dass es unser Tom sein würde. Ich wurde ganz ruhig, reagierte fast automatisch. Ich schickte den Mann mit dem Nachbarn vor in die Dunkelheit und suchte schnell einen Karton sowie Einweghandschuhe und horchte, ob weiterhin in den Kinderzimmern alles ruhig geblieben war, bevor ich hinter her ging.
Wir hatten von Anfang an gefürchtet, dass die Strasse vor unserem Haus den Katzen gefährlich werden würde und auch die Beerdigung eines dann wahrscheinlich treuen Gefährten in unsere Gedanken bei der Anschaffung von zwei Kätzchen mit einbezogen. Selbst die Bäuerin, von der wir die Katzenkinder damals nahmen, erzählte uns von ihrer Strasse unterhalb des Hofes, die ab und zu einer ihrer Hofkatzen das Leben kosten würde. Deswegen würde sie nicht alle ihre Mäusefänger sterilisieren/ kastrieren lassen.
Doch dass es uns so schnell passieren würde, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Unsere beiden Stubentiger sind sehr ängstlich, insbesondere bei Geräuschen; vor allem Staubsauger in der Wohnung wie auch Motoren draußen.
Ich ging rüber auf die andere Strassenseite, wo der freundliche Nachbar das Tier vorsichtig abgelegt hatte. Er hatte den Zusammenprall in der Dunkelheit wenige Autos vor ihm beobachten müssen, selbst angehalten, die nachfolgenden Fahrzeuge herum gewunken und das Tier vorsichtig von der Strasse gehoben. Er erzählte uns, er hätte da schon keine Atmung mehr erkennen können und sei dann losgezogen, um die Besitzer zu suchen.
Zuerst war ich unsicher, sah das Tier so viel größer und schwerer aus, ich hatte Tom doch noch 2 Stunden vorher in der Küche auf dem Arm gehabt und ihn gekrault und mich wieder gewundert, dass er so einen schlanken Körperbau hat, ganz anders als seine Schwester. Aber als ich mir seine Fellzeichnung auf der Nase im spärlichen Schein der Strassenlaterne ansah (später auch seine zweifarbigen Ballen unter den Pfoten wahrnahm) und sein gesträubtes Fell fühlte, war mir alles klar.
Ich bettete ihn vorsichtig in den Karton und wir unterhielten uns noch mit dem Nachbarn über den Tierarzt, zu dem wir immer gehen (er hat selber auch Katzen, selbst so etwas schon erleben müssen und deswegen angehalten – dafür sind wir ihm wahnsinnig dankbar!!!). Wir schauten trotzdem weiterhin nach Lebenszeichen. Leider hatte unsere Tierärztin am Vortag Notdienst und heute ein Kollege viel weiter weg, wie der Nachbar schnell im Netz recherchierte.
Tom war noch so warm und schien auch leise zu schnurren, zumindest fühlte es sich so an, und auch Verletzungen konnte ich keine so recht erkennen (bis auf eine kleine, aber starke Deformation auf einer Seite des Schädels). Ein wenig Blut fand ich an der Nase, sonst keine offene Wunden. Es sah aus, als schliefe er.
Daher schickte ich den Mann mitsamt Karton heim, er solle die noch wache Älteste aus ihrem Zimmer holen und zur Sicherheit mit ihr zum Tierarzt fahren. Ich machte mir jedoch wenig Hoffnungen, mir ging es vor allem darum, dass sie mit der wohl grössten Bindung zu diesem Tier gut Abschied nehmen kann und dabei ist, sollte noch ein Spritze zum Einschläfern notwendig sein. Ich selbst traute mir die Fahrt nicht zu weil hundemüde und doch auf Autopilot und einer müsste eh bei den schlafenden Kindern bleiben.
Ich verabschiedete mich von dem netten Nachbarn und überbrachte der Tochter die traurige Nachricht. Parallel machte sich der Mann schon zur Abfahrt bereit und ich wollte neben der schluchzenden Tochter wenigstens noch eben vorher beim Tierarzt anrufen, um Tom anzukündigen.
Währenddessen schaute ich trotzdem noch eben nach unserer Fellnase, die weiterhin so im offenen Karton ruhte, wie ich sie abgelegt hatte.
Der Tierarzt war dann zum Glück selbst am Telefon und bat mich, einen Test durchzuführen, ob ein Besuch bei ihm überhaupt notwendig sei. Mit dem Telefon am Ohr, der weinenden Tochter im Hintergrund und mit dem drängenden Mann im bereits gestarteten Auto gar nicht so einfach, aber im Ergebnis eindeutig.
Der Motor wurde wieder abgestellt, ich tröstete die Tochter und wir stellten den Karton behutsam auf den Pflanztisch an der Gartenseite der Garage ab.
Schon zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Gedanken, dass Tom durch irgendetwas erschreckt worden sein muss, woraufhin er in die falsche Richtung lief und von einer Stoßstange am Kopf getroffen wurde. Oder er hatte die Gefahr nicht als solche wahrnehmen können, da Elektroautos sehr leise sind. So erklärte ich es auch später den anderen Kindern.
Es muss sehr schnell gegangen sein und er hat wohl nicht leiden müssen.
Der Abend war gelaufen, die grosse Tochter konnte sich kaum beruhigen aber ich wusste, das Baby würde bald wieder nach Milch verlangen (mittlerweile war es 21:30 Uhr). Ich schickte die Tochter hoch (sie wollte ihren Papa anrufen) und ging selbst ins Schlafzimmer zum Baby.
Ich hörte noch mehrfach die Terrassentür. Sollte die Grosse ruhig nochmal nachsehen und streicheln, es muss sacken und der Mann war ja auch noch im Wohnzimmer.
Den anderen Kindern wollten wir es am nächsten Morgen noch nicht mitteilen, es würde vor der Schule zu wenig Zeit bleiben für Trösten, Fragen und Erklärungen, daher verschoben wir es auf den Nachmittag und baten die Älteste um Stillschweigen.
Ich für meinen Teil hatte noch eine klitzekleine Hoffnung, dass Tom am nächsten Morgen quicklebendig vor der Terrassentür stehen würde, aber es stand nur Berry maunzend davor. Immerhin.
Ich hatte Angst es den Kindern zu sagen, würde die Nachricht doch eine ganze Zeit lang alles aus den Angeln hebeln und war andererseits froh, dass es so schnell und ohne weiteres Überfahren etc passiert war. In meiner Kindheit und Jugend habe ich einige Unfälle unserer damaligen Katzen miterlebt, aber auch einfaches „Verschwinden“ wo man nie wusste, was genau passiert war bishin zum späten Auffinden eines dann nicht mehr so gut aussehenden Katzenleichnams.
So aber würden die Kinder anständig Abschied nehmen und den Lauf der Natur „erleben“ können, anderserseits war auch ich in den wenigen ruhigen Momenten, die mir gerade bleiben, sehr traurig.
Als ich nachmittags die drei mittleren Kinder beisammen hatte, erzählte ich ihnen auf der Autofahrt nach hause davon. Ich konnte so erste Fragen beantworten, ohne dass wir dabei gestört wurden oder sich ein Kind einfach der Situation entzieht.
Zuhause angekommen war das Baby gerade eingeschlafen und schlief noch in der Babyschale weiter, so dass ich mich zumindest eine Zeit lang voll und ganz auf die drei Mittelkinder konzentrieren konnte. Die wollten natürlich direkt nachsehen, ob das wirklich stimmte, was ich erzählt hatte.
Auch sie durften und wollten ein letztes Mal streicheln und fühlten direkt, dass Tom nun ganz anders war. Die 7jährige June trauerte dabei ganz offen, der bald 9jährige Sohn war etwas mehr biologisch interessiert und die 5jährige fast schon ein wenig unbekümmert. So ähnlich hatte ich es erwartet.
Die Kinder bemerkten die bereits einsetzende Totenstarre und das noch geöffnete Auge, bestaunten das wenige Blut und ich war nur froh, dass ich den Kater auf die verformte Schädelseite gelegt hatte, so dass sie das nicht sehen mussten. Sie waren verwundert, dass es immer noch schien als atme er. Das war aber nur der Wind im Fell, den ich kurz durch Pusten imitierte.
Und wie Kinder so sind, wurde parallel das besprochene Begräbnis im Garten detailliert. Sobald Papa nach hause käme, würde er ein Grab ausheben, das hatte ich mit dem Mann schon besprochen gehabt. Die Stelle wurde gemeinsam erörtert, wir bastelten aus zwei Stöcken und einem Bastfaden ein kleines Kreuz und der Wunsch kam auf, dass wir auch eine Kerze aufstellen sollen. Es ging darum, was nach der Beerdigung mit Tom in der Erde weiter passieren würde (der Karton wird nachgeben, oben auf dem Grab eine Kuhle entstehen und kleine Tierchen in der Erde ihre Arbeit aufnehmen, die Knochen werden nicht direkt sichtbar sein), ob wir direkt eine neue Katze bekommen könnten (nein, denn wir wissen nicht wie Berry reagiert und brauchen alle erst einmal eine Pause), Berry solle ab sofort nur noch im Haus leben (auch das geht nicht, da sie an Freigang gewöhnt ist), ich sollte ein letztes Foto machen, Tom würde erst im Katzenhimmel sein wenn er begraben ist, es wurde sich um den späteren Grabschmuck gestritten und dann doch nochmal kurz in den Karton geschaut, ob es wirklich immer noch wahr ist.
Die Große hielt sich dabei zurück, sie hatte das erste Trauertief schon hinter sich.
Als der Mann dann heim kam, wurde alles gemacht, wie es besprochen worden war. Jede_r half bei der Beerdigung so mit, wie er wollte und konnte. Das Kreuz wurde aufgestellt und eine Kerze kam dazu.
Die 5jährige hatte nachmittags ein Bild gemalt, oben trauriger Mensch und darunter gestorbene Katze in einem Karton. Als ich das Baby später ins Bett brachte, fand ich von der June eine gebastelte Katze auf meinem Nachttisch. Da kamen auch mir wieder die Tränen. Die beiden Sachen werde ich zusammen mit dem Abschiedsbrief der Ältesten und Toms Impfbuch in eine Kiste packen.
Mittlerweile ist der erste Schock verdaut; Erinnerungen werden zwischendurch erzählt, ein paar neue Tränen getrocknet und vor allem für mich geht das Leben einfach so weiter – fieseste Rückenschmerzen machen mir gerade Probleme (es scheint kein Ischias zu sein, sondern das ISG), die Schneeflocke hat schon wieder einen fiesen Schnupfen und macht die ersten freien Schritte, das Kindergartenkind ist wegen eingeschränkter Betreuungszeiten/ Personalmangel daheim und auch die Schulen wollen gerade viel Aufmerksamkeit (Martinszugplanung, dies das und jenes auch).
Bei jedem Füttern von Berry sticht es und auch der Einkauf war sehr komisch, musste ich nur die halbe Menge Katzenfutter einpacken. Ständig wird nach Berry geschaut und darüber gesprochen, dass sie bitte noch lange bei uns bleibt. Bislang verhält sie sich sehr normal und sucht ihren Bruder nicht lautstark oder verweigert gar das Fressen. Ihr Bruder hatte sie damals als Kitten immer beschützt und auch als Erwachsene sind sie abends sehr oft zusammen los gezogen, aber nicht immer zusammen heim gekommen. Nun ist Berry also alleine.
Adieu, Tom!
Mein Beileid. Das ist echt traurig. Lg alu
Danke 🖤
Es tut mir so sehr leid. Da kommen mir echt die Tränen. Wir hatten einen kleinen roten Kater und der ist leider genauso wie euer Tom verstorben. Kam auch vom Bauernhof und war nur ganz kurz bei uns. Gott sei Dank wurde er auch gefunden und wir konnten ihn begraben. Aber das tat schon arg weh und tut es irgendwie auch immer noch.
Alles Liebe
Einerseits gehörte sowas dazu, andererseits schiebt man es dann doch gerne beiseite und wird dann im gefühlt unpassensten Ausgenblick überrascht.