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Geburtsbericht Junebug

Trotz Vorwehen im 2. Trimester steuerte ich in den letzten Wochen beharrlich auf den ET zu, ohne dass sich überhaupt etwas tat.

Bei meinem Sohn hatte ich 2012 ab 39+0 zwar teilweise fiese Wehen, die aber immer wieder aufhörten. Allerdings ging ich aufgrund dieser Vorarbeit an 40+1 mit sensationellen 4cm MuMu- Öffnung in die Geburt. Durch einen Tritt hatte er sie selbst gestartet, die Fruchtblase hatte einen hohen Riss bekommen und nur 3 Stunden später war er da.

Bei meiner ersten Tochter 2009 hatte ich an 39+0 ungefähr 24 Stunden lang Kontraktionen, die nach ein paar Stunden Pause dann erneut begannen und dann in Wehen übergingen. Nach insgesamt 36 Stunden lag sie in meinen Armen.

Doch zurück zum Junebug:
Es war Samstag, ich war am errechneten Geburtstermin = 40+0 angekommen und etwas geschafft von dem grossen Bauch, den recht schlaflosen Nächten und sonstigen Begleiterscheinungen. Irgendwelche Anzeichen in Richtung Geburt liessen jedoch immer noch auf sich warten. Es tat sich gaaaar nix.
Keine Kontraktion, keine Zeichnung, nichts. Ich wartete demütig und voller Ehrfurcht auf das, was mir bevorstand. Im Gegensatz zu den anderen beiden Geburten war diesmal die Waagschale „Angst vor dem Unbekannten“ etwas schwerer als die Waagschale „Vorfreude, dass es bald vorbei ist“.
Zwar nicht viel, aber doch spürbar. Die vorigen Geburten waren so gut verlaufen, kann das nochmal so gut werden? Die Dritten machen es ja gerne anders etc…

Vormittags war ich zu einem CTG und einer Untersuchung bei meiner Hebamme im Geburtshaus gewesen, anschließend hatte ich mich mit dem bald grossen Bruder hingelegt, konnte aber wegen Kopfkino und Schmetterlingen im Bauch nur etwas dösen.
Aufgrund des schönen Wetters beschlossen wir dann noch in die Stadt hinunter zu gehen.
Wir liefen so einiges an Strecke bei dem wunderschönen Wetter.
Seit der Untersuchung am Vormittag merkte ich auch immer wieder, dass etwas da unten leicht zubbelte. Das liess mich hoffen, aber weiterhin keine Wehen in Sicht.
Nach 2 Stunden waren wir wieder daheim, aßen zu Abend und der Mann versuchte den Kleinen ins Bett zu bringen, brach aber nach einer knappen Stunde ab. Schlussendlich schlief der kleine Mann gegen 21:30h auf dem Sofa ein, der grosse Mann ab 22:30h neben mir im Bett. Ich selbst wälzte mich von rechts nach links, döste etwas weg, um dann wieder wach zu liegen.
Kurz vor Mitternacht schlich ich mich ins Arbeitszimmer und schaltete den PC ein. Nach 15 Minuten merkte ich, dass ich mal auf Toi muss und war dann überrascht, dass es so fies in den Eingeweiden rumorte.

Wiederholt zog es schmerzhaft – aber dann auch fies im Rücken und im unteren Bauch. Dabei immer wieder Durchfall. So langsam realisierte ich, dass es Wehen sind. Aber würden sie bleiben und stärker werden? Oder wieder verschwinden?
Ich veratmete teilweise schon und stützte mich (immer noch auf Toilette sitzend) mit beiden nach innen gedrehten Händen auf den Knien auf oder hielt mich am kleinen Waschbecken fest.

Abstände messen unmöglich.

Als ich merkte, dass kaum noch etwas kommt, telefonierte ich in einer Pause mit meiner Hebamme; sie war aber sehr unsicher, ob es losgeht. Vor allem weil ich keine Angaben zu Wehenabständen machen konnte. Sie wolle sich etwas später wieder melden.

Ich mochte nicht mehr allein sein und weckte vorsichtig den Mann, wollte aber noch keinen unnötigen Aufstand machen – andererseits erinnerte es mich sehr stark an die Geburt des Sohnes, die bis auf den fehlenden Blasensprung genauso begann.

Ich musste nochmals mit Krampf/ Wehe auf Toilette, aber dann war wohl alles erledigt.

Ich lief etwas verstört durch die Wohnung, veratmete ein paar weitere Wehen, kämpfte währenddessen mit der Wehen- App auf dem Handy, setzte noch einen Tweet ab und war froh, als meine Hebamme gegen 01:15h zurückrief. Ich bejahte ihre Frage nach Geburtshaus und atmete erleichtert auf, dass sie nun direkt bei uns vorbei kommen wolle.

Tweet1

Den wieder eingeschlafenen Mann warf ich erneut und diesmal richtig aus dem Bett. Der hatte allerdings nichts Besseres zu tun, als noch duschen zu gehen! Da ich aber keine Nerven für einen Disput hatte, ließ ich ihn. Hätte im Endeffekt auch nur Zeit gekostet. Er musste schließlich noch den Babysitter holen fahren!

Nun stand fest: Es geht los! Hui, da bekam ich dann doch etwas Schiss!

Um 01:40 Uhr war meine Hebamme hier – endlich! Ich stand an unserem hohen Schuhschrank im Flur, veratmete fleißig die inzwischen ordentlichen Wehen, trank gegen den trockenen Mund immer wieder ein paar Schlucke Wasser und war heilfroh, sie neben mir zu haben, als mir plötzlich so richtig übel wurde.

Um kurz vor 2:00 Uhr war mein Freund zusammen mit dem Babysitter (Oma) wieder zurück.
Zu diesem Zeitpunkt spuckte ich gerade meinen Mageninhalt ins Badezimmerwaschbecken *börks* Das kommt wohl häufiger bei der Öffnung des Muttermundes vor, ist daher ein weiteres gutes Zeichen für die bevorstehende Geburt.

Dann hieß es Abfahrt: ich mit meiner Hebamme in ihrem Auto voran (Unterlage auf dem Sitz und Spucktüte für den Notfall in der Hand) und wie beim Sohn musste ich eine Wehe in der offenen Autotür veratmen, bevor wir los konnten. Mann, was waren die folgenden Wehen im Auto fies!!! Zum Glück war es mitten in der Nacht und kaum jemand unterwegs.

Vor dem Geburtshaus angekommen konnte ich erst nicht aussteigen – eine weitere Wehe.

Der Freund hatte die Oma zuhause noch etwas eingewiesen und kam kurze Zeit später nach uns an.

Ich war direkt ins Geburtszimmer durchgegangen und stützte mich wie vor anderthalb Jahren beim Sohn auf den hohen Wickeltisch auf.
In den Wehen zog es nun richtig schlimm hinten im unteren Rücken. Ich wollte das Becken kreisen lassen, aber das tat noch mehr weh. Also atmete ich weiter langgezogen aus, „mmmmhte“ und „oooohte“ und dachte während des Atmens schon wieder ans Trinken.
Durst! Durst! Durst!

Parallel hatte ich Angst, gleich wieder spucken zu müssen. Ich erinnerte mich noch gut an die Übelkeit bei den anderen beiden Geburten und verlangte eine Schüssel (die ich glücklicherweise doch nicht mehr benötigte).

In den Wehenpausen bekam ich mit, wie hinter mir alles vorbereitet wurde:
die dicke Matte wurde bereitgelegt, die beiden Hocker für mich und den Mann darauf gestellt, das Bett wurde frisch bezogen, Wasser für die Wanne lief ein, Kerzen wurden angezündet. Die zweite Hebamme wurde angerufen: sie müsse sich zwar nicht sehr beeilen, trödeln solle sie aber auch nicht mehr. Hach! Das tat gut zu hören!
Dennoch rechnete ich damit, dass noch mehrere Stunden Wehenarbeit vor mir liegen würden, der Muttermund war ja noch nicht kontrolliert worden.

Zwischendrin sollten allerdings die Herztöne etwas mitgehört werden, aber sie ließen sich nicht so gut einfangen. Ich musste mich nach einigen Versuchen aufs Bett legen und die Gurte wurden mir für ein “längeres” CTG umgelegt. Ich war wegen der Bewegungseinschränkung etwas enttäuscht, aber es ging ja nicht anders.

Die Wehen hatten kurz vorher im Stehen bereits eine andere Qualität bekommen: das Ziehen verlagerte sich vom Rücken komplett nach vorne/ unten – das war für mich wesentlich besser auszuhalten! Nun im Liegen krallte ich mich ins Kopfkissen (Erleichterung pur!) und hatte unter einer Wehe oft das Gefühl, nicht mehr genug Luft zum lauten Auspusten zu haben (das einzige, was mir half!) – dabei spürte ich, wie sich der Kopf weiter vorschob.

Die Herztöne waren nicht 100%ig – wie sich nachher bestätigte, lag es aber nur an der Eindrehung ins Becken– ich malte mir aber in den Pausen schon stumm aus, wie wir deswegen noch hoch ins Krankenhaus müssen (Horror!) und bekam parallel mit, wie der Mann nach unten zum Kaffee kochen geschickt wurde. Der Teetrinker der Nation soll Kaffee kochen?! – da musste ich innerlich kichern. Aber er kam kurz darauf mit einer Kanne Kaffee wieder, die aber hauptsächlich für warme Kompressen zum Dammschutz bestimmt war. Zu diesem Zeitpunkt traf wohl auch die zweite Hebamme ein.

Während ich noch darauf wartete, in den Wehenpausen endlich in einem dämmrigen Gedanken- Nirwana abtauchen zu können, hatte ich plötzlich eine Wehe, an deren Ende sich alles „verlängerte“ und ich mich etwas erschrak: „Huch! Da soll ich hindrücken – ich will mitschieben!“

Ich zog mich nun auch endlich einmal untenherum aus und meine Hebamme untersuchte mich. Wir waren beide überrascht: Ich hatte nicht nur die volle Eröffnung geschafft, sondern auch wirklich schon ersten Pressdrang! Sie legte mir (nach wie vor in Seitenlage) einen dicken Keil zwischen die Beine, aber in der Position mitschieben erschien mir zu anstrengend.

Wir zogen um auf den Hocker, der Mann nahm hinter mir Platz. Die erste Wehe war schwach, ohne „Verlängerung“.
Etwas Verschnaufen und Vorbereiten für das, was jetzt anstand.

Es war zu diesem Zeitpunkt ca. 2:40 Uhr – gerade 30 bis 40 Minuten hielten wir uns erst im Geburtshaus auf.

Wir warteten alle gespannt, ich sammelte meine Kräfte und dann kam auch schon eine richtig schöne Presswehe. Ich war allerdings ein Angsthase und nutzte sie nicht voll aus; die nächste glaube ich auch nicht. Aber der Kopf war schnell tiefer gerutscht und diesmal traute ich mich, in der Wehenpause selbst zu fühlen als es mir angeboten wurde.

Mein Baby war auf dem Weg! Unglaublich!

Bei der nächsten Wehe nahm ich alle Kraft zusammen und die immense Überwindung auf mich, drückte meine und die Hände vom Mann über meinem Bauch so fest es ging und hatte danach das Köpfchen geboren!

Allerdings hörte ich so gar nichts?! Unsere Tochter hatte die noch immer geschlossen Fruchtblase über dem Kopf! Diese Glückshaube wurde vorsichtig an der Seite geöffnet.

Und dann hieß es wieder warten auf die nächste Wehe, die sich Zeit ließ. Es drückte sehr schlimm im Geburtskanal, aber der Körper kam mit ein bisschen ruckeln und allerletzter Kraftanstrengung dann doch gut hinterher. Einen Arm hatte sie diagonal über der Brust, d.h. die Hand an der Schulter gehabt.

2:47 Uhr: Sie ist da! Ich wollte sie hochnehmen und hörte wie durch Watte „Vorsicht! Die Nabelschnur ist sehr kurz!“, aber dann lag sie auf meinem Bauch und gab schnuffelige Geräusche von sich.

Sie ist da! Es ist vorbei! Wow!

Ich nahm einen ganz tiefen Atemzug von diesem unbeschreiblichen Duft nach neugeboren.

Diesmal wollte und durfte ich nach kurzer Rückfrage beim Mann mein Baby abnabeln, das wäre aber wegen der geringen Nabelschnur- Länge nur mit enormen Verrenkungen möglich gewesen. Daher schnitt der Mann sie dann nach ihrem Auspulsieren wieder durch.

Wir zogen um aufs Bett, ich zog mein langes Oberteil/ Kleid aus, das Hemd wieder an und dann durften wir ausgiebig kuscheln. Noch ein bisschen schwanger, weil noch mit Plazenta im Bauch, riefen wir beide unsere Mütter an.

Frisch geboren

Die Plazenta ließ sich etwas Zeit, Wehen fühlte ich auch keine mehr, aber dann kam sie doch noch und war vollständig. Damit war die Geburt offiziell beendet.

Die Hebammen zogen sich zurück, wir bekamen ganz viel Zeit zum Kuscheln, Staunen und auch zum ersten Anlegen. Das Junebug schmatzte nämlich schon gefühlt seit den ersten Minuten und kaum legte ich sie an, hatte sie schon einen ordentlichen Zug drauf!

Ich musste noch genäht werden (Dammriss 2. Grades, diesmal aber auf der anderen Seite), dafür holte meine Hebamme wieder einen Sitzkeil, eine Leuchte und zog sich zu meiner Belustigung eine Stirnlampe an.
Ich sang dazu die ersten Töne des Bergsteigerliedes „Glück auf, Glück auf – der Steiger kommt“ ;)
Zur Ablenkung twitterte ich die frohe Botschaft in die Nacht hinaus:

Tweet2

Für den Kreislauf gabs eine unwahrscheinlich wohltuende eiskalte Cola und ich durfte in der mal wieder nicht genutzten Badewanne duschen – auf ewig wird der Duft von Weleda Sanddornduschgel mit dieser Geburte verknüpft sein!
Ich bekam einen dunkelroten Bademantel, in welchem ich das immer noch kleider- und windellose Junebug wieder stillte, während erster Papierkram erledigt wurde.

Nachdem sie untersucht, gewogen, gemessen und angezogen worden war durften wir uns verabschieden, stiegen mit unserem Bündel Mensch beim erstem Vogelgezwitscher ins Auto und fuhren in der Morgendämmerung durch die fast menschenleere Stadt nach hause.

Noch vor 6 Uhr waren wir wieder daheim, kurz danach enstanden diese Bilder:

Zuhause als 3fach- Mama
Tweet3

    

Die Oma war erstaunt, dass wir wirklich schon so schnell da waren.
Das grosse Bett wurde mit der roten Bettwäsche bezogen und dann versuchten auch wir noch etwas zur Ruhe zu kommen.
Gar nicht so leicht bei Hormonen pur!


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Ein Gedanke zu „Geburtsbericht Junebug“

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