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Papa-Sehnsucht

Das Tochterkind war drei Wochen mit der Papa-Familie im Urlaub. Eine Zeit, auf die sie sich schon lange gefreut hat und teilweise so doll, dass es mir ein bisschen weh tat. An den Umgangswochenenden davor war es dort stets das Gesprächsthema Nr.1 gewesen und damit dann auch ständig hier bei uns. Einerseits sehr verständlich, andererseits auch manchmal ein kleiner Stich in mein Herz: noch stärker als sonst freute sie sich auf die Zeit mit Papa – aber ist es bei mir nicht auch schön? Klar, Papa- Zeit (ob Wochenende oder Urlaub) ist immer etwas Besonderes. Dann hat sie in der Regel zwei Bezugspersonen die sich Zeit für sie nehmen, etwas Schönes mit ihr unternehmen und oft darf sie sich etwas fürs Mittagessen wünschen. Gar nicht so einfach, da mit dem normalen Alltagsleben, einem kleinen Bruder und der Kita gegen anzukommen.
Der Urlaub begann und nach ein paar Tagen telefonierten wir miteinander. Wie ich mich freute, ihre Stimme am Telefon zu hören! Und wie toll sie erzählte! Das Feriendomizil, die Strände und einige besuchte Orte kannte ich noch von Urlauben mit ihrem Vater damals. Doch das macht mir überhaupt nichts aus – die gemeinsame Zeit mit ihrem Vater gehört für mich einfach in eine andere Zeitrechnung. Hauptsache es ging ihr gut und sie hatte einen Haufen Spass! Einige Tage später, nach einer Email mit Fotos von mir und unserem Besuch der Landeshauptstadt auf Papas Laptop, erlebte dann der Papa erstmalig und mit voller Wucht die andere Seite, die sonst nur mir vorbehalten war: das Tochterkind vermisste mich plötzlich ganz doll und weinte sogar etwas. Mir tat sie so unglaublich leid, als ich es wenig später erfuhr. Aber wenn ich ehrlich bin, stellte sich bei mir auch ein leises Gefühl der Genugtuung ein. Endlich erlebte der Papa einmal das, womit wir bzw. vor allem ich oft nach einem Umgangswochenende zu kämpfen haben: Sehnsucht nach dem anderen Elternteil. Das ständige Gespräch über die abwesende Person, sie trösten zu müssen und die Versuche, ihren akuten Schmerz etwas zu lindern.
Bei uns sind es vor allem die ersten Tage nach dem Umgang. Da kräht die kleine Person auch gerne nach dem Papa, wenn etwas mal nicht nach ihrer Nase geht. Solche Situationen sind dann nicht leicht für mich, da die Zeit bis zum nächsten Umgang dann noch recht lang ist. Ich verstehe vollauf, dass sie sich im Alltag bei uns erst wieder zurechtfinden muss, aber irgendwann sticht es auch mich etwas doller und machmal habe ich richtig Schwierigkeiten, ihre echte Papa- Sehnsucht von einfacher Unlust (vor allem Einzuschlafen) zu unterscheiden.
Andererseits kommt sie sehr gut mit den verschiedenen Haushalten und den jeweiligen Regeln klar – was ich als Kind von Eltern, die immer noch verheiratet sind, überhaupt nicht kenne. Was ich allerdings festgestellt habe, dass gewisse Rituale und Konstanten in diesem Geflecht aus Bezugspersonen und Aufenthaltsorten immens wichtig für sie sind. Die geben ihr ein Gerüst und den notwendigen Halt, um sich sicher zu fühlen. Dabei ist es eine ziemlich grosse Leistung, die sie da erbringt. Neue Situationen machen ihr deswegen oft etwas Angst, wobei ich mich dann selbst auch etwas wiederkenne.

Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie schwierig es für Kinder sein muss, die nicht so geregelten Umgang mit dem anderen Elternteil haben oder die sogar zwischen beiden Stühlen sitzen, weil Vater und Mutter nach der Trennung einen Rosenkrieg ausfechten. Wo Regelmäßigkeiten und Sicherheit fehlen und die Kinder nie genau wissen, ob sie sich auf den abwesenden Elternteil verlassen können. Von einer geregelte Auszeit für das betreuende Elternteil einmal ganz abgesehen.

Die langen, langen drei Wochen Kita-Ferien, die sich nahtlos an ihre Rückkehr aus dem Urlaub anschlossen und die sie komplett bei mir verbrachte, sind nun endlich rum. Erstmalig strichen wir im Kalender die Tage ab, bis das nächste Mal Papa- Zeit ist.
Heute abend kommt sie dann nach dem üblichen Umgangswochenende wieder. Ich bin gespannt, welche Nachwehen mich beim Ins- Bett- Bringen und die nächsten Tage erwarten.
Mal wieder habe ich mir vorgenommen, meine Eifersucht auf ihre Sehnsucht nach der anderen Seite zu kontrollieren und wünsche mir mehr Ruhe & Gelassenheit, wenn sie es als vermeintliches Druckmittel einsetzt. Sie möchte mir weder weh tun noch gefällt es ihr bei mir nicht – auf der anderen Seite bei Papa ist einfach nur viel viel öfter wunderschöne Ausnahmesituation.

Das Tochterkind ist 3Y | 11M | 0W | 3D alt

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