Zum Inhalt springen

Geburtsbericht Mini-M

Nachdem ich die letzten beiden Schwangerschaftswochen bis zum errechneten Termin immer mal wieder mit Wehen, mit Vorliebe nachts und teilweise auch in 10min-Abständen, sowie Sodbrennen, dem Restless- Legs-Syndrom und einem schmerzhaft aktiven Kind zu kämpfen hatte, war ich irgendwann zu allem bereit – Hauptsache das Baby kommt raus.

So versuchte ich es am errechneten Termin nach Rücksprache mit meiner Hebamme mit einer Eipollösung und später auch mit Rizinusöl. Denn viel fehlte nicht mehr, Muttermund war zu diesem Zeitpunkt unglaubliche 4cm geöffnet (dafür brauchen andere Gebärende schlimme wehen, teilweise über Stunden!), in der vorherige Nacht hatte ich nette Wehen alle 8 bis 10 Minuten gehabt, die dann aber morgens wieder aufgehört hatten. Doch das Rizinusöl kam leider oben wieder raus und so gingen wir abends mal wieder frustriert ins Bett. Ohne eindeutige Wehen oder andere Geburtsanzeichen. Den Schleimprof hatte ich ja bereits in Einzelteilen in den vergangenen Tagen verloren.

Am nächsten Morgen wurde ich wach, ging mal wieder zur Toilette, fand auch wieder etwas von dem Schleimpropf (Immer noch was da? Ist der nicht bald mal alle?) und ging wieder ins Bett, wo wir noch ein wenig kuschelten. Wir lachten noch über die Tritte in meinem Bauch und malten uns zum x-ten Mal aus, wie denn sein würde wenn…, als es dort plötzlich laut und deutlich KNACK machte. Wir schauten uns verdutzt an: war das das Geräusch, nach dem wir und vor allem ich mich seit Tagen sehnte? Blasensprung? Blick auf die Uhr: 6:45h. Zuerst blieb alles trocken und ich traute mich auf Toilette. Dort dauerte es nicht lange, als etwas Fruchtwasser und auch Blut mit Glibber abging.

TADA! Die Geburt hatte begonnen. Es war klar, dass hier heute keiner mehr zur Arbeit gehen würde.

Ich setzte mir noch Kaffee auf und fing einen Blogeintrag an (hoffentlich der letzte vor dem Baby dachte ich mir), als ich schon dieses Ziehen im Rücken merkte und schnell mal gaaanz dringend groß auf Toi musste. Das zog dann ordentlich im Steiß. Ich ging in die Küche, scherzte noch rum „Ich glaube, das Rizinus wirkt nun doch. Mal sehen, wann denn endlich die Wehen anfangen“ als ich wieder Rückenziehen und Toi-Drang verspürte. Beim dritten Mal dachte ich mir auf der Toilette sitzend und heftigst atmend „Öhm, ich glaube das sind dann doch schon Wehen“. Beim nächsten Ziehen stützte ich mich schon auf die Küchenarbeitsplatte und ließ versuchsweise das Becken kreisen. Dann rief ich die Hebamme an (7:50h). Diese kam zwar gerade erst aus einer Geburt, wollte sich aber mit uns sofort am Geburtshaus treffen. Ich schaffte es noch irgendwie kurz unter die Dusche und dann fuhren wir auch schon los. Beziehungsweise rannte ich zwischen zwei Wehen zum Auto, veratmete noch eine aufgestützt an der Autotür und herrschte den werdenden Papa an, gefälligst Gas zu geben und die Scheiss- Musik auszumachen.

Es war kurz nach 8 Uhr – Berufsverkehr. Die Wehen kamen geschätzt alle 3 bis 5 Minuten und die Fahrt über hatte ich 4 ziemlich fiese, bei denen ich mich am Griff über Tür festhielt, den Kopf links neben die Kopfstütze legte, das Becken hob und mich bei den letzten beiden Wehen auch mit der anderen freien Hand am Doppel-M festkrallte. Zum Glück standen wir meist an einer Ampel bzw. bei der letzten Wehe konnten wir rechts ranfahren. Das war gut so, denn diese war anders und ich spürte erstmalig auch ganz starkes Brennen.

Endlich waren wir am Geburtshaus angekommen! Ich lief so schnell es ging hinein, schmiss Schuhe und Jacke von mir und rannte durch in den Geburtsraum. Hektisch schaute ich mich um: die Wickelkommode hatte die perfekte Höhe zum Aufstützen. Ich registrierte noch, dass die Wärmelampe schon an war – ein gutes Zeichen! Wird sie doch erst angemacht, kurz bevor das Baby kommt. Und da die vorherige Geburt meiner Hebamme im Krankenhaus war, konnte sie nur wegen meines Babys brennen! Während der nächsten Wehe kam auch schon meine Hebamme dazu. Sie wolle mich untersuchen, dazu müsse ich mich aber kurz hinlegen. „Geht nicht!“ „Muss aber!“ Wie und wo das geschah, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an den folgenden Satz umso besser: „Vollständig eröffnet, Frollein Null.Zwo, wenn Sie wollen dürfen Sie schon ein bisschen mitschieben“. Ich war total baff und gar nicht darauf vorbereitet. Das ging mir dann doch ein bisschen schnell!

Dann begann also die richtige Entbindung. Badewanne fiel raus – dauert zu lange mit dem Wasser und so. Seil/ Tuch im Stehen konnte ich mir auch nicht vorstellen und so war ich nach ein oder zwei Wehen am Waschbecken ganz schnell auf dem Boden, d.h. auf der dicken Matte im Vierfüßler. Ich bekam einen Pezzi-Ball, auf dem ich wunderbar meinen Oberkörper ablegen konnte. Leider konnte ich dort nichts fest mit meinen Händen umklammern. Die Wehen wurden rasch intensiver, die Wehenabstände vergrößerten sich und ich merkte richtig, wie das Köpfchen tiefer rutschte. Die meiste Zeit hatte ich die Augen geschlossen und bei jeder Wehe tönte ich laut mit und jammerte. Zu meinem Erstaunen bekam ich von Innen noch letzte Tritte so nach dem Motto: Jetzt hau mal rein, sonst randalier ich hier noch länger! Wann die zweite Hebamme dazugekommen war, kann ich auch nicht mehr sagen.

Ich merkte, wie meine Kräfte schwanden mich auf dem Ball zu halten, so dass die beiden Hebammen einen Positionswechsel vorschlugen. Ich wurde auf den Boden umgelagert in die Seitenlage und bekam dicke Kissen zwischen die Knie. Endlich konnte ich auch die Hände vom Doppel-M festhalten zusammenquetschen und etwas besser mitschieben. Ich spürte etwas ziemlich unangenehm zwischen meinen Beinen „baumeln“: es handelte sich um eine Vorblase. Die Fruchtblase war relativ weit oben gesprungen, so dass kaum Fruchtwasser ausgelaufen war und ich zuerst eine kleine pralle Mini-Blase geboren hatte. Diese wollten die Hebammen jedoch nicht öffnen, damit das Köpfchen geschützt bliebe. Zwischen den Wehen wäre ich am liebsten eingeschlafen – ich wollte nur noch weit, weit weg, so weh tat es. Meine Hebamme massierte mich derweil am Steiß und auch an den Beinen, legte eine Wärmflasche auf den unteren Rücken und warme Kaffeekompressen auf den Damm, um diesen zu schützen. Die Herztöne wurden zwischendurch auch immer wieder überprüft – aber alles okay. Nur richtig weiter ging es dann nicht mehr. Ich Schissbux traute mich nicht richtig bzw. hatte das Gefühl, nicht genügend Kraft zu haben gegen den letzten Widerstand anzupressen. Denn wohin ich pressen sollte, wusste ich diesmal ganz genau: Auf dem Höhepunkt der Wehe spürte ich, wie sich der Schmerz veränderte und in gewisser Weise weniger wurde. So, als wenn sich etwas weitet und den Weg freimacht. Doch kaum drückte ich dort hinein, spürte ich den massiven Widerstand und das daraus resultierende Brennen und Ziehen.

Also gab es einen letzten Positionswechsel: auf den Gebärhocker. Der Doppel-M saß hinter mir und ich überkreuzte meine Arme vor dem Oberkörper, so konnte ich seine Hände besser packen. (Dies bescherte mir noch Tage später einen wunderbaren Muskelkater in den Brustmuskeln und unter den Armen). Dort platzte glaube ich dann auch irgendwann die Vorblase. Ich hatte nach wie vor Schiss in den allerschlimmsten Schmerz hineinzudrücken und flehte, sie mögen das Kind doch bitte aus mir rausziehen. Das ging natürlich nicht. Zwischen den Wehen sollte ich nun tiefer atmen und ich hörte selbst, wie die Herztöne des kleinen Mannes immer mal wieder runtergingen, aber durch meine tiefe Bauchatmung wieder schneller wurden. „Er will raus“ flüsterte man mir zu. „Hilf ihm! Bald ist es geschafft, noch einmal richtig anstrengen und er ist da!“ Wie ich nachher erfuhr, waren die Wehenabstände noch größer geworden bis hin zu grenzwertig weit auseinander. Also genau das Gleiche wie damals beim Tochterkind – nur mit dem himmelweiten Unterschied, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon Wehentropf im Arm, Sauerstoff auf der Nase und Watte im Kopf hatte. Diesmal jedoch bekam ich alles glasklar mit. Und was drumherum geschah (es liefen in den Nebenräumen einige Kurse) war einfach nicht vorhanden.

Ich jammerte und schrie (auch unter den Wehen, aber diesmal sagte niemand etwas) und schaffte es nach einer gefühlten Ewigkeit, etwas durch den Widerstand hindurchzuschieben. Die Erlösung: das Köpfchen war da! „Bei der nächsten Wehe noch einmal mitschieben und ich kann ihn dir auf den Bauch legen!“ Ich atmete tief durch. Was ich vorher immer nur gelesen hatte und nie glauben konnte: es ist wirklich verdammt erleichternd, wenn der Kopf draußen ist, auch wenn der Rest des Babys noch im Geburtskanal steckt. Nun bekam ich noch einen inwändigen Tritt zuspüren und musste kurz lachen. Dieser kleine Mistkerl! Ich vergewisserte mich, dass es beim Körper nicht so weh tut wie vorher beim Köpfchen, merkte aber ganz schnell, dass es gelogen war. Meine Hebamme zog zum Glück etwas mit, denn der kleine Mann hatte es nicht lassen können und eine Hand vorm Gesicht. Noch ein paar Zentimeter mehr Kopf- und auch Schulterumfang…

9:44h Da lag er dann – unten zwischen meinen Beinen. Ich war einfach nur erleichtert. Er wurde abgetupft und schrie ganz laut. Ich drückte ein letztes Mal ganz feste die Hände vom Doppel-M und hörte den allerschönsten Satz des Tages: „Magst du ihn jetzt auf den Bauch haben?“

Da ich nicht mehr lange so sitzen konnte, wurde ich auf den Boden umgelagert und bekam ein schönes dickes Kopfkissen. Ich konnte es einerseits immer noch nicht fassen, war andererseits das Glück in Person.

Er war endlich da! Und ich war fit! Ich zitterte auch nicht am ganzen Körper wie beim Tochterkind, mir war nicht mehr schlecht und ich konnte ihn selber festhalten und zusammen mit dem Doppel-M anschauen und bewundern! Dann kam Papas Job: Nabelschnur durchschneiden.

Die Plazenta machte kaum Probleme, hatte sich jedoch seitlich gelöst und hing mir erst unangenehm im Geburtskanal. Doch dann kam sie schnell und problemlos und sah gut aus. Groß sei sie, bestimmt 800g meinte meine Hebamme.

Wir durften dann mit dem nackten Menschlein umziehen ins große Bett mit der tollen roten Bettwäsche und erstmal eine große Runde kuscheln. Irgendwann fragte meine Hebamme, ob sie ihn denn mal wiegen solle, sie sei ja selbst so neugierig. Und Bingo! Die 4000er Marke mit 35g mehr geknackt!

Danach holte sie einen Sitzkeil, eine Lampe und Nähbesteck und ich rutschte an das Fußende des Bettes, bekam den Keil unter den Popo und wurde unter 4 Hebammen- Augen fachmännisch zusammengeflickt. Die alte Dammnaht war wieder aufgegangen und auch an einer Scham*lippe hatte ich Schürfungen, die genäht werden mussten. Ich pienzte dabei etwas rum, aber im Endeffekt saß die Betäubung super.

Richtig vermessen wurde der kleine Mann dann erst: 54cm! Wo hatten die sich nur versteckt? 36cm Kopfumpfang – mit Hand davor stramme Leistung!

Weil er sich nicht so gut beruhigen liess, wurde er noch kurz gebadet, aber das half auch nicht viel. Währenddessen saß ich im Bett und frühstückte endlich die mitgebrachten Stullen. Zuhause hatte ich nichts gegessen und danach war einfach keine Zeit mehr gewesen. Die ersten Stillversuche machten wir auch zwischendurch, doch nur ein Mal stimmte die Technik, aber da sog er dann direkt richtig. Meine Hoffnung stieg, diesmal ohne Stillhütchen davon zu kommen. Ach ja, und die Verwandtschaft wurde noch aus dem roten Bett heraus informiert und selbstverständlich auch die ersten Fotos geschossen.

Alles in Ruhe, ohne (Zeit-) Druck, einfach nur wunderbar!

Weil es meinem Kreislauf gut ging, war ich noch schnell duschen, wir zogen uns alle an, machten ein wenig Papierkram und konnten dann nach hause fahren. Zu dritt! :-)

Gegen 13 Uhr waren wir wieder daheim.



Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert