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Therapiestunde mit dem Lenkrad

Jedes zweite Wochenende verbringt das Tochterkind in der Regel bei ihrem Vater. Das heißt für uns, dass wir eine der beiden Fahrten dorthin übernehmen. Zeitaufwand im Schnitt 3 Stunden.

Als sie noch kleiner war, habe ich nach Möglichkeit immer versucht, sie zu fahren. Eine ganze Zeit lang brachte ausschließlich der Doppel-M sie, weil ich hochschwanger einfach zu unkonzentriert war oder ich wegen des Stillens zuhause bleiben wollte.

Doch diese Zeit im Auto mit ihr ist so toll:

Kein Geschwisterkind, welches Aufmerksamkeit abzieht und auch keine Kleinigkeit, die Mama mal „eben schnell“ erledigen muss! Stattdessen eine gute Stunde Zeit für Gespräche oder lautes Mitsingen. Für exklusive Mama- Tochter- Zeit, die ein wenig den turbulenten Familienalltag ausgleicht.

Nach dem Übergabegespräch mit dem Vater steige ich dann ganz alleine wieder ins Auto und fahre heim. Für mich oft die einzige Zeit, die ich ausschließlich mit mir selbst verbringe.

Ohne Aufgabe.
Ohne Zeitdruck.
Ohne auf stand-by zu sein.

Ich fahre fast wie von selbst, die Strecke kenne ich inzwischen gut und genieße es, wenn ich meine Ideallinie bei maximalem Tempo fahren kann. Jede Geschwindigkeitsbegrenzung und fast auch jede Barke der einen Dauerbaustelle sind vertraut.

Ich gleite über die Autobahn und die Zeit steht ein bisschen still.

Und dann bin ich ganz allein mit meinen Gedanken. Sie kommen und gehen und wabern durchs Auto, so dass ich nur die Hand danach ausstrecken bräuchte und sie würden sich materialisieren.

Und dann ist da noch die Musik, die ich so laut aufdrehen kann, dass sie mich umhüllt wie ein Mantel. Manchmal bekomme ich dann einen ganz dicken Kloß im Hals und mir wird ganz komisch, auch wenn das Lied mir eigentlich nichts sagt. Aber es ist wohl die Anspannung, die von mir abfällt. Manchmal auch mit ein paar Tränchen im Auge, die ich dann allerdings wegknipern muss weil ich sonst nichts mehr sehe.

Aber spätestens wenn ich in unsere Straße einbiege steigt die Ungeduld: ich möchte heim zum Mann und zu den anderen beiden Kindern, die dann oft schon im Bett liegen und leise atmen.

Ich fühle mich ebenfalls müde, aber wohlig müde und gleichzeitig so erfüllt.

Eine richtige Auszeit, damit der Alltag wieder voll zuschlagen kann.


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