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Mama, was ist Streik?

Die Post kam am Wochenende nicht, weil dort gestreikt wird. Wir haben uns ja inzwischen daran gewöhnt, dass Montags kaum noch etwas im Briefkasten ist. Montags wird nämlich vieles von der Geschäftspost liegen gelassen, weil Samstags immer der dicke Batzen Werbung ausgeliefert wird – mit dem scheinbar gutes Geld verdient wird, der aber die Zusteller über die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt.

Die Lehrer streikten vor nicht allzu langer Zeit, weil die angestellten Lehrer zwar genau die gleiche Arbeit wie die verbeamteten machen, aber wesentlich weniger Lohn und keine Familienzuschläge bekommen.

Direkt betroffen sind wir natürlich auch von den Streiks der städtischen KiTas. Die Erzieher leisten so vieles, was einfach nicht wert geschätzt wird. Gerade die Kleinen verdienen ein höchstes Mass an Aufmerksamkeit und auch Förderung. Die somit begründeten Schliesstage konnten wir halbwegs gut verkraften, weil ich noch in Elternzeit bin. Allerdings konnte die grosse Tochter nur schwer verstehen, warum der kleine Bruder an diesen Tagen zuhause bleiben durfte (städtische Einrichtung), sie selbst aber in die KiTa sollte (Verein bzw. Elterninitiative).

„Streik ist, wenn Menschen sich auf ihrer Arbeit benachteiligt fühlen und daran etwas ändern wollen. Indem sie NICHT arbeiten kommen zeigen sie, wie wichtig ihre Arbeit doch für alle eigentlich ist und was passiert, wenn sie nicht gemacht wird.“ erklärte ich ihr, als sie mich fragte was Streik ist.

Ich selbst kann die Beweggründe für einen Streik sehr gut verstehen. Ich glaube auch daran, dass es bis zum Streik kein einfacher Weg ist und dieser nicht leichtfertig begangen wird.
In den ersten Streikperioden habe ich daher vollstes Verständnis gehabt und es einfach hingenommen.
Bei den nächsten Ankündigungen war ich schon etwas genervter:
Schon wieder? Was ist mit den ganzen arbeitenden Menschen, die darauf angewiesen sind? Was ist mit den Arbeitgebern, der Industrie und der Wirtschaft?

Inzwischen komme ich mir vor, als würde ich in meinem alten Buch aus dem Geschichtsunterricht lesen. Ständig wird irgendwo gestreikt!

Jetzt streikt bald mal wieder die Bahn. Ich weiss schon gar nicht mehr das wievievielte Mal in den letzten Monaten. Es fällt mir unheimlich schwer, meine Verabredungen in Berlin am kommenden Wochenende nicht einfach abzusagen. Denn es wird sehr anstrengend für mich werden dorthin zu kommen, wenn meine Verbindung ausfällt – ich reise dann nicht komfortabel im Abteil des ICEs, sondern im Bus oder über ein Mitfahrangebot im Auto. Mit Baby und dem ganzen Gepäck und der fast doppelten Reisezeit.

Aus einem schönen Ausflug mit ganz viel Freude ist durch die aktuelle Streikankündigung ein Aufwand entstanden, der mich an den Rand meiner Kräfte bringen kann. Und nicht nur mich, sondern viele andere Menschen auch, die nur ihrer Arbeit oder dem wohlverdientem Vergnügen nachgehen wollen.

Was läuft hier falsch?

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