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Familienurlaub auf Borkum im Winter

Vor einigen Monaten war absehbar, dass wir über den Jahreswechsel bis einschliesslich Dreikönigstag ein paar freie Tage zusammen haben würden. Sogar so viel, dass genug Zeit für einen kleinen Urlaub bliebe. Eine alte Schulfreundin brachte mich dann auf die Idee, an die See zu fahren. Dies war ihr von mehreren Seiten empfohlen worden, um ihre langwierige Erkältung mitsamt Husten und Lungenproblemen loszuwerden. „Das brauchen wir auch, vor allem der Mann und die KiTa- Kinder husten immer direkt richtig schlimm!“ dachte ich und startete einen kleine Aufruf auf Twitter. Nordsee über Silvester, das wäre doch schön! Schön kalt, aber schön gesund!

Über eine liebe Empfehlung fanden wir so unser Ferienhaus auf Borkum, eine wahnsinnig gut und vor allem kinderfreundlich ausgestattete Doppelhaushälfte, die sogar noch Platz für 2 weitere Erwachsene geboten hätte. Da wir immer noch kein großes Auto haben (der Mann will warten, bis wir unseren neuen Lebensmittelpunkt sprich Haus gefunden haben), stellte ich mich Ende November eine halbe Stunde an den zugigen Schalter im Bahnhof Wuppertal (das Reisenzentrum ist dort in Containern untergebracht) und buchte Zugfahrten sowie die notwendige Fährpassage. Das war mir am PC wegen der unbekannten Abkürzungen etwas zu heikel gewesen. Schlussendlich mussten wir für die Fähre doch noch ein kostenpflichtiges Ticket für den 4jährigen und kostenlose für die kleinen Mädchen lösen (die Hotline der AG EMS ist wirklich sehr nett!) und eine Reiserücktrittsversicherung schloss ich auch noch schnell ab (mit fiebriger Erkältung kann man so eine Reise leider knicken und Kinder im Winter…. Ihr kennt das!). Vor Weihnachten bestellte ich noch fehlende warme Kleidung (dazu wahrscheinlich demnächst mehr) und hoffte, dass ich nichts vergessen hatte, dass keiner krank bzw. alle wieder gesund sein würden und dass alles klappt…

4 Kinder von 0 bis 8 Jahren
3 Kinder- Rucksäcke
2 große Taschen
1 Tragehilfe und 1 Babyschale auf Rollen
(und das allerwichtigste:)
0 verlorene Kinder bei
1 × Taxi
2 × Fähre mit 2 × Inselbahn
3 × Bus
4 × Zug
12 Stunden je Reiseweg für
350 km Entfernung zum Urlaubsort und
6446280 geknipste Fotos

3 Laufkinder und 1 auf Rollen bzw. getragen

 

Mit der Grossfamilie im Zug

Die Hinfahrt begann super – hier in Wuppertal war es eisig kalt und trocken, wir saßen natürlich viel zu früh am offenen Bahnhof, aber waren verdammt guter Dinge.
Der 1. Urlaub für uns alle zusammen!
Hurra!

Die gute Laune hielt genau bis Münster, als wir dort ziemlich lange mit dem Zug im Bahnhof stehen blieben. Als es dann endlich weiterging und der Zeitpuffer für die Fähre ab Emden auf 30 Mnuten zusammengeschmolzen war, ging plötzlich gar nichts mehr. Ein liegen gebliebener Zug vor uns legte alles lahm, so dass wir zurück nach Münster gefahren wurden.
Super.
Nicht.
Keiner wusste irgendetwas, keiner konnte richtig helfen und wir sind schlussendlich mitsamt Kindern und Gepäck einfach in einen IC Richtung Norden eingestiegen, den wir mit unserem Ticket für den Nahverkehr eigentlich gar nicht hätten nutzen dürfen. Trotz vieler Reisenden mit derselben Idee fanden wir Plätze in einem überheizten Großraumabteil, etwas auseinanderliegend aber es ging irgendwie. Alle Fahrgäste um uns herum waren freundlich nett oder liessen sich zumindest durch uns nicht stören *puh* Die Jüngste schlief zum Glück in der Babyschale auf Rollen und auch die anderen Kinder wurden langsam müde – Mittagstief, „reizvoll“ in doppeltem Sinn. Der Bub war so schlecht drauf, dass er seine Jacke mitsamt Handschuhen nicht ausziehen wollte und sogar bockig darin einschlief. Seine Überhitzung war dann wahrscheinlich auch der Grund, warum er sich eine halbe Stunde später mehr auf seine Hose als auf den Sitz und darunter erbrach – irgendwo im Niemandsland, denn wir umfuhren den liegen gebliebenen Zug weiträumig. Damit war dann unsere gebuchte Fähre definitv weg (die nächste und langsamere Überfahrt sollte knapp 3 Stunden später sein, die müssten wir doch schaffen, oder? Oder?!), die Nerven ziemlich weit runter, meine Furcht vor dem teuren Nachlösen immer noch da und unsere Trinkvorräte neigten sich auch so langsam dem Ende entgegen. Als der IC dann eine ganze Stunde Verspätung hatte, wurden glücklicherweise nicht nur Beschwerdeformulare verteilt, unsere Fahrkarte mit „Für sie gelten nochmal besondere Bedingungen“ abgeknipst (nix nachlösen! Hurra!) , sondern auch Wasserflaschen für die Kinder ausgegeben.
Uff.
Hätten wir gewusst, was der anschliessende Schienenersatzverkehr (von dem ich damals bei der Buchung nur in Teilen wusste) sprich Busse bis zum Anleger mitsamt Umstieg bedeuten würde, wären wir nicht so gut gelaunt ausgestiegen. Aber auch das meisterten wir. Irgendwie. Mit viel Galgenhumor. Genauso wie die eine und einzige öffentliche Toilette draussen vor dem Bahnhof Emden und die fehlende Möglichkeit für einen stärkenden Snack (die ich aber eingeplant hatte)

2. Schienenerstazverkehr im Linienbus (vorher noch enger im Reisebus)

5 Stunden später als geplant waren wir dann auf der Insel. Erschossen, aber glücklich noch einen offenen Supermarkt zu finden. Die Kinder waren natürlich aufgekratzt, wir Eltern auch noch gut auf Adrenalin, aber um 21 Uhr schlief dann jeder war dann Ruhe und am nächsten Morgen begann das, was ich nur noch aus ferner Erinnerung kannte:

Urlaub!

In den folgenden Tagen liessen wir uns einfach treiben. Wir waren eigentlich jeden Tag 2 Mal draussen, egal was das Wetter für uns bereit hielt: Nebel, Graupel, Sonnenschein, schneidender Wind bishin zu Sturmböen. Hauptsache raus, frische Luft und das Meer ansehen!

Rauhe See und gute Luft

Wir haben durch die gute Luft einen richtig guten Hunger entwickelt (Ich habe gefressen! Wirklich! Und ständig hat man Appetit! Schlümm ist das!) und da diese Luft auch gut müde macht, haben wir mittags fast immer eine mehrstündige Siesta eingelegt. Die Kinder sind abends natürlich viel später ins Bett als zuhause, haben dafür morgens aber meist etwas länger geschlafen. Herrlich!

Kinder lüften auf dem Spielplatz am Strand

 

Auf Borkum unterwegs

Die Insel selbst ist nicht sehr groß, ab der Fähre gehts ganz einfach mit der schnuckeligen Inselbahn weiter, die in der Kurtaxe enthalten ist

Borkumer Inselbahn am Bahnhof

Wir selbst waren nur im nordwestlichen Teil der Insel unterwegs – und zwar ausschliesslich zu Fuß oder mit dem Bollerwagen. Was ich bisher noch nicht wusste: Kinder können nicht nur beim Essen einschlafen, sondern auch beim Gehen! Ist das nicht krass? 2 mal ist das der June passiert ^^ Erst als sie über ihre eigenen Füße fiel, sah ich ihre geschlossenen Augen (Kapuze und Schneeanzug und so)

Laufkinder und Bollerwagen

Ich selbst habe den Behelfskinderwagen des Sonnenkindes direkt nach unserer Ankunft in die Abstellkammer der Ferienwohnung geschoben und die Kleinste ausschliesslich getragen <3 Kaum waren wir draussen in der Kälte, fielen ihr die Augen zu und sie schlief wie ein warmer Stein an meiner Brust

Wohlig warmes Tragebaby

Der Ort selbst ist recht niedlich mit wenigen Hochhäusern, aber an fast jedem Haus steht ein Name (sowas wie „Nordwind“ oder „Muschelsucher“) und meist auch ein Schild, das auf Ferienwohnungen hinweist. Von einer Mitreisenden auf der Fähre erfuhren wir, dass im letzten Winter locker 3 Mal soviel Touristen wie Einheimische auf der Insel den Übergang ins neue Jahr verbrachten. Für mich war es okay, wir fühlten uns nicht alleine aber auch nicht beengt. Im Sommer ist es aber bestimmt richtig voll.

Alte Häuser mit hübschen Fenstern

Es gibt sehr wenig motorisierten Verkehr (was mit Kindern sehr praktisch ist, die kann man dann laufen lassen) und ein paar kleine Lebensmittelgeschäfte/ Supermärkte im Zentrum, die allerdings zu Stoßzeiten sehr voll sein können (was mit Kindern wiederum unpraktisch ist). Am 30.12. stand ich z.B. abends um 18 Uhr in einer Kassenschlange, die an den Zeitschriften vorbei, am Weinregal entlang bis zu den Molkereiprodukten reichte. Aber alle waren recht entspannt – ist halt alles etwas kleiner und der Platz begrenzt auf so einer Insel.

Strand- und Stadtspaziergang
„Schiffe gucken“ mal anders

Ausflüge mit Kindern

Im Vorfeld hatte ich ein paar Ausflugsziele und Unternehmungen herausgesucht, die wir dann je nach Lust und Wetter besuchten. Zum einen war da das kleine und wirklich liebevoll geführte Aquarium der Insel mit toll gestalteten Schaukästen und einer handvoll Becken.

Fische gucken – Für jedes Kind gabs einen Hocker im Auquarium auf Borkum

Highlight waren allerdings die Seesterne direkt am Eingang, bei denen Streicheln ausdrücklich erlaubt war! Wenn man sich denn traute ;)

Seesterne zum Anfassen „Das ist rauh und kitzelt!“

Bei ganz schlechtem Wetter bieten sich ein Besuch im Borkumer Schwimmbad oder in der daneben gelegenen Spielinsel an.

Bobbycar- Wettrennen (Klick aufs Bild für Animation)

Schwimmbad liessen wir aufgrund unserer gerade halbwegs abgeklungenen Erkältungen links liegen, stattdessen tauchten die Kinder im Bällebecken und hatten stundenlang Spass bei Bobbycar- Wettrennen und beim Klettern.

Der große Spielraum

Wir hätten dort auch jede Menge Gesellschaftsspiele oder auch Kicker/ Billiard benutzen können, aber Austoben war auch gut!

Bällebad und Sprossenwand

Zurück zum Meer: Natürlich waren wir an verschiedenen Stellen der Insel am Strand und liessen uns den Wind um die Nase wehen. Herrlich war das!

Borkums westliche Strandpromenade
Ganz schön windig!

Zugegeben: Das Wetter war nie perfekt. Entweder war es sonnig aber super windig oder alles voller Nebel oder einmal auch so stürmisch, dass wir wegen dem aufgewirbelten Sand gar nicht bis zum Strand kamen. Uns und den Kindern tat es trotzdem gut und ehrlich gesagt, hatte ich es auch nicht anders erwartet. Ich musste mir kurzerhand noch eine wollene Legging und eine winddichte Überhose kaufen, da meine einzige Jeans im Schritt gerissen und sowieso nicht so warm war und die andere Legging mit Strumpfhose drunter leider scheuerte.

Kurze Pause zum Aufwärmen
Tragend unterwegs
Düne im Wind

Abschied von der Insel

Nach 6 Tagen und 7 Nächten mussten wir Adieu sagen. Wir brachten das letzte Pfand zurück zum Supermarkt und zum Bioladen, verstauten unseren Müll sicher vor den Möwen und packten unsere Siebensachen. Da wir wirklich nur mit minmalem Gepäck verreist waren (ein mittlerer Koffer auf Rollen und ein großer Reiserucksack vom Mann), ging das übrige Packen verhältnismäßig schnell. Im Vorfeld hatten wir nämlich gewusst, dass das Ferienhaus über eine Waschmaschine und einen Trockner verfügt. Zwar haben wir jeden Tag eine kleine Maschine angestellt, kamen aber bestens über die Runden mit 2 bis 3 Garnituren pro Person.

Die Rückfahrt brachten wir wieder irgendwie hinter uns – zwar diesmal ohne Streckensperrung, dafür ohne bequemen Sitzplatz im Restaurant auf der Fähre (da hat einfach keiner Platz machen wollen! So krass! Wir saßen dann im zugig kalten Mittelbereich) und zusammen mit einem netten jungen Studenten- Pärchen im ersten Regionalexpress (denen ich mit Blick auf meine Kinderschar scherzhaft nahelegte, sich um ausreichende Verhütung zu kümmern ^^)

Da wir zwar pünktlich, aber wie erwartet erst gegen 21 Uhr in Wuppertal ankamen, gönnten wir uns für den Weg vom Bahnhof nach hause ein Taxi. Im Grunde genommen waren es 2 Taxen, denn für uns 6 Personen samt Gepäck fand sich natürlich kein Großraumtaxi. Aber das war okay und die beiden Taxifahrer sehr hilfsbereit.

Und? Schon wieder gebucht? ;)

Sowieso haben wir fast durchweg positive Erfahrungen als „Großfamilie auf Reisen“ machen dürfen, viele Mitreisenden waren sehr nett und eigentlich immer fand sich eine helfende Hand in der Not. Die Kinder waren ganz gut unterhalten durch ihre TipToi- Stifte und einige kleine Überraschungen, die ich im Vorfeld besorgt hatte (Tattoos, kleine Mal- und Rätselbücher, besondere Snacks in Form von Quetschies & Knabbe- Igeln… – vielen Dank auch an souffleurlos, die mir ein paar ihrer Helferlein für lange Zugfahrten mit Großfamilie verriet <3).

Unberechenbar war und ist die deutsche Bahn, daher kann ich Familien die Fahrt nach Borkum per Zug definitiv nicht empfehlen. Zuviele Variablen bis man an der Fähre ist! Auf dem Hinweg hatte ich Fahrkarten für den Katamaran, der nur 1 Stunde bis zur Insel braucht, den wir aber leider verpassten. So blieb uns später nur die normale Fähre, die 2 Stunden benötigt. Das langwierige An- und Ausziehen der Kinder im Zug und auf der Fähre war auch ziemlich nervig, obwohl ich bei der Kleidung im Vorfeld ein bisschen drauf geachtet hatte.

Nordsee in den kalten Monaten bedeutet selbstverständlich Wind & Wetter – viel am Strand spielen konnten die Knder nicht (haben es zum Glück auch nicht vermisst). Es dauert vor einem Spaziergang lange, bis man alle notwendige Kleidung angezogen hat und so richtig gut bewegen kann man sich darin auch nicht. Aber es lüftet einen richtig durch und macht richtig schön müde.

Uns als Familie hat die Zeit nach dem terminlastigen Weihnachtsfest richtig gut getan: So entspannt war es schon lange nicht mehr! Kein Termindruck, kein „Ach, ich habe gerade etwas Leerlauf, da könnte ich mal eben etwas liegen gebliebenes erledigen“ und auch den Kindern hats am Meer gefallen (okay, sie kennen es noch nicht im Sommer ^^).

Erneut gebucht haben wir noch nicht- einfach aus dem Grund, dass wir im Sommer umgezogen sein wollen und einfach nicht abschätzen können, wann Zeit und wieviel Kohle übrig bleibt.

Aber die Herbstferien, die gäbe es ja auch noch ;)

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