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Kinderreich und Kinderlos im Gespräch: „Geben und Nehmen in einer Freundschaft?“

Alice ist Anfang 30 und bewusst kinderlos. Sie wünscht sich zwar einen Partner, eine Partnerschaft kann für sie aber nur funktionieren, wenn der Partner ebenfalls keinen Kinderwunsch hat.

Anstoss für unseren Kontakt gab ein Beitrag von mir über die Veränderungen durch Schwangerschaft und Kinder. Alice möchte mehr Verständnis für sich bzw. für ihre Entscheidung gegen Kinder und für ihr kinderloses Leben. Hier gebe ich Ihr gerne -anonym- die Stimme, die sie sich wünscht und bekomme andererseits viele Einsichten durch unseren Briefwechsel, den ich weiterhin mit Euch teilen möchte.

Kaffeejunkie

Alice:

„Du hast mit Deiner Antwort vom letzten Mal nicht unrecht. Ich fühle mich von Freundinnen, die Kinder bekommen haben, im Stich gelassen bzw. herabgesetzt, eben durch solche Äußerungen, wie du sie auch schreibst. Wahrscheinlich habe ich es zu sehr auf mich bezogen, was du geschrieben hast, und das war nicht fair. Vielleicht habe ich es auch etwas sehr deutlich ausgedrückt, weil ich manchmal das Gefühl habe, Mütter machen sich einfach nicht mehr so viele Gedanken, was manche Sätze in anderen auslösen können. Aber du hast schon recht, das ist vielleicht zu pauschal gedacht.

Von meinen Freundinnen jedoch nehme ich es persönlich.

Eben Aussagen wie: „Das Leben macht erst mit Kindern Sinn und anderes wird unwichtig.“ Da fühle ich mich sogar sehr angegriffen.

Und da sich die Gesprächsthemen immer nur noch um die Kinder drehen, ziehe ich mich zurück. Denn ausschließlich dieses Thema, davon kann eine Freundschaft nicht bestehen bleiben.

Gut geht es mir aber damit nicht, ganz und gar nicht. Ich bin sehr traurig über vieles. Darum habe ich viel im Internet gelesen, eben über Freundschaften zwischen Müttern und nicht-Müttern, um mal zu sehen, wie andere das lösen und ob da auch eine Möglichkeit ist, die es für mich und meine Freundinnen gibt. Und da ist mir aufgefallen, dass leider häufig sehr einseitig appelliert wird, nämlich an die Nicht-Mütter. Sie müssten nunmal für alles Verständnis haben und nach ein paar Jahren, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, hätten sie, sofern sie denn gute Freundinnen wären, noch da zu sein und einfach wieder an die Freundschaft anzuknüpfen.

Das macht mich irgendwie wütend. Mir wird immer wieder gesagt, was für eine zuverlässige, mitfühlende und gute Freundin ich sei. Trotzdem möchte ich nicht ein paar Jahre (auf dem ‚Abstellgleis‘) warten in der Hoffnung, dann irgendwann mal wieder wichtig genug zu sein. Und dann als schlechte Freundin zu gelten, wenn man eben nicht wartet. Ich brauche Freundinnen und muss mir neue suchen, wenn es nichtmal mehr möglich ist, einmal im Monat für 30 Minuten zu telefonieren und es da tatsächlich ein paar Minuten auch mal um mich geht. Ich komme mir unwichtig vor und unnötig und uninteressant. Um daran nicht kaputt zu gehen, suche ich natürlich nach neuen Freundschaften, in denen ich auch wichtig bin und auch mal mein Herz ausschütten darf.

Und diese neuen Freundschaften werde ich nicht vernachlässigen, wenn es den Müttern zeitlich wieder besser passt.

Schokokuchen

Und ich glaube schon, dass es viele gibt, die auch so denken. Doch diese Perspektive findet man in kaum einem Artikel, und wenn, dann nur kurz im Nebensatz erwähnt.“

Susanne:

„Ich glaube, dass es vielen vielleicht gar nicht so bewusst ist, dass es nicht nur glückliche Frauen ohne Kinder gibt, sondern diese einfach auch andere Bedürfnisse innerhalb einer Freundschaft haben.“

Alice:

„Ich verstehe es ehrlich, dass natürlich eine Weile die Welt auf den Kopf gestellt ist. Aber mir fehlt das Verständnis für die, für die auch alles auf den Kopf gestellt ist. Weil nämlich für uns die besten Freundinnen auf einmal nicht mehr da sind. Das ist auch für uns nicht leicht. Und je mehr ich las, desto mehr hatte ich das Bedürfnis mal zu sagen: Wir haben vielleicht keine Kinder, aber doch ebenso Gefühle und Probleme, die ernstgenommen werden müssen und – vielleicht nicht für Mütter – genauso wichtig sind, wie Kinder. Ich konnte das nirgends äußern, außer bei dir, weil es sonst immer gleich einherging mit einer Veröffentlichung auf Facebook.

Ich weiß nur, hätte ich mal einen Beitrag von jemandem gelesen, der auch mal eine Stimme ergreift für ‚Leute wie mich‘, hätte ich mich weniger allein gefühlt und wäre froh gewesen, dass ich nicht alleine bin.

Umso toller, dass ich meine Stimme jetzt hier bekomme :)“


Aber sehr gerne doch, liebe Alice!
Bald geht es weiter mit dem Thema: „Wie kann man als Mutter einsam sein?“


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