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Ich, nicht glücklich

Für Außenstehende mag unsere Situation zwar nicht sehr rosa-rot, aber dennoch aus gewissen Blickwinkeln vielleicht sogar beneidenswert aussehen:
Ich bin momentan zuhause, das Tochterkind hat einen KiTa- Platz, der kleine Mann ist 3 Tage die Woche bei der Tagesmutter.
Ich habe bislang kaum Probleme mit dem Baby im Bauch und hatte mir ganz fest vorgenommen, diese Schwangerschaft so gut es geht zu genießen, da es erst einmal die letzte sein wird.

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Und doch bin ich momentan oft unglücklich.

Dabei war eigentlich von Anfang an klar, dass es nicht einfach werden würde: zwei Kinder unter 5 Jahren, dazu der Mann in einer stressigen Fortbildung und dabei ziemlich wenig Geld zur Verfügung.

Und genau da stoße ich momentan an meine Grenzen: ich schaffe es nie, auch nur allen Beteiligten annähernd gerecht zu werden.
Entweder komme ich im Haushalt halbwegs klar, ranze aber dafür die Kinder an, weil sie direkt wieder irgendetwas dreckig machen.
Oder der Doppel-M und ich reden aneinander vorbei bzw. gar nicht mehr richtig miteinander, weil wir uns kaum sehen bzw. die reine Organisation fast die ganze wenige gemeimsame Zeit frisst. Jeder denkt zudem, dem anderen ginge es gerade besser bzw. man selbst hätte es gerade nötiger.
Er organisiert ohne Rücksprache mit mir „Unterstützung“, die aber für mich keine echte Hilfe darstellt. Ist dann sauer, dass ich es nicht annehmen kann.
Und so weiter und so fort…

Je dicker ich werde, desto weniger gut stecke ich das alles weg. Physisch wie psychisch.

Wie z.B. das Auto zu haben und beide Kinder damit bringen/ abholen zu können. Eigentlich eine tolle Sache. Ich muss aber dafür den kleinen Mann umständlich durch die Beifahrertür aus & in den Kindersitz wuchten und ihm in der KiTa 5000 Mal hinterherlaufen, damit er nichts anstellt. Da wäre Kinderwagen im Bus fast weniger anstrengend… doof nur, dass ich dann so viel länger unterwegs bin. Vorteil Auto also.
Noch.
Nachteil für den Babybauch – immer.

Ganz davon abgesehen dass ich sowieso ständig ein schlechtes Gewissen habe, weil ich ihn mit seinen 12 Kilo viel zu oft hochhebe oder irgendwo hineinsetzen muss.

Dann war ich mehrfach mit einem oder beiden Kindern einen Tag zu meinen Eltern, damit der Doppel-M in Ruhe arbeiten kann, bin aber dort noch mehr in Aktion als zuhause und merke oft schon 2 Stunden vor der Heimfahrt, dass ich eigentlich viel zu geschafft bin, der Tag aber lange noch nicht herum ist sondern ja nach der Ankunft zuhause noch weiter geht.

Diese Woche habe ich wieder ziemlich oft einen harten Bauch bekommen und stecke dann jedes mal wieder im Zwiespalt, was denn jetzt wichtiger ist –
wie z.B. am Dienstag Abend: ausruhen oder zuende kochen? Das halbgare Essen auf dem Herd stehen lassen und mich hungrig einfach aufs Sofa legen, warten bis der telefonisch nicht erreichbare Mann vermutlich eine Stunde später heim kommt?!
Die Kinder solange neben mir auf dem Sofa mit rumturnen lassen, ständig in Gefahr auf den Babybauch oder den Fußboden zu fallen?
Geht alles nicht – also habe ich mit schlechte Gewissen und Bauchschmerzen weitergekocht.

In diesen Situationen ärgere mich über mich selbst, dass ich mir meine Kräfte nicht besser eingeteilt habe.
Dass ich dann keine Nerven mehr habe, auf das wut-trotzende Tochterkind eingehen zu können wenn sie mich eigentlich als verständnisvolle Mutter bräuchte.
Dass ich den kleinen Mann heul-jammernd durch den Flur laufen lassen muss, weil ich ihn gerade nicht hochnehmen kann und mich auch nicht bücken will, weil das genauso anstrengend ist.
Aber wenn es mir vormittags so gut geht, kann ich mich nicht einfach ins Bett legen! Irgend etwas wartet hier immer hier auf Erledigung. Ausserdem lasse ich mir nicht noch einmal sagen, dass ich den Haushalt nicht im Griff hätte. (Bei anderen siehts viel schlimmer aus, und da ist die Mutter nicht schwanger! Weiss ich, aber er wohl nicht und bei sowas werde ich fuchsig)
Aber dann kommt später dies und jenes dazu, nochmal eben schnell das und dies und schwupps! merke ich zu spät, dass es schon wieder viel zu viel war.
Schlechtes Gewissen in Größe der Alpen :(

Inzwischen finde ich es auch sehr anstrengend, regelmäßig zu essen, meine ganzen Schwangerschafts- Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente zu nehmen. Auch deswegen habe ich andauernd Gewissensbisse: „Du musst aber noch an das Magnesium denken! Hast Du heute früh schon das Bryophyllum genommen? Wann gabs das letzte Mal den Saft mit Eisen? Mache ich mir jetzt, wo alle noch weg sind, ein schnelles Mittagessen oder ist Schlafen wichtiger?“

Zu allem Überfluss ist die Schlafsituation hier nämlich nicht sehr toll.
Der Doppel- M schläft seit Wochen auf einer Matratze im Arbeitszimmer, um tagsüber fit zu sein. Jede Nacht wird nämlich der kleine Mann wach und wenn wir Pech haben, schläft er nicht sofort weiter. Die nächtliche Milchflasche abzuschaffen startete gut, scheiterte aber vor Silvester an seiner Mundfäule. Da waren wir froh, dass er überhaupt genug trank. Diese Flasche in der Nacht will ich aber nun endgültig abschaffen. Der kleine Mann soll endlich ruhiger schlafen, damit er ins Kinderzimmer umziehen kann. Es bringt ja nichts ihn umzusiedeln, wenn er dann regelmäßig das Tochterkind wach macht.
Bis zur Geburt sind es noch knapp 3 Monate – dann soll er spätestens ausquartiert sein. Je früher desto besser, alleine schon aus Eifersuchtsgründen.

Nun bin ich also nachts alleine zuständig. Meine Erkältung ist nie richtig weg gegangen, es gibt eigentlich keine erholsamen Nächte mehr und morgens bin ich meistens richtig unausgeschlafen und muffelig. Wie es der Teufel will, wird das Tochterkind nämlich auch wieder alle 2 bis 3 Nächte einmal wach und kann dann nicht wieder einschlafen.
Ich selbst habe mit den restless legs zwar noch nicht so viel zu tun, liege aber auch schon den ein oder anderen Abend wach, bevor ich endlich über das Kribbeln in den Knöcheln einschlafen kann.
Zum Glück – oder traurigerweise – lässt mich das Bauchbaby nachts noch in Ruhe. Ich merke ja eh so selten etwas von dem Junebug und bin als Egoistin gerade sehr froh darüber. Gleichzeitig wären das wohl die einzigen Minuten, die es mich ganz für sich haben könnte – und ich böse, böse Mutter bin froh, dass es mich in Ruhe lässt. Schlechtes Gewissen die Xte.

Und dann ist mitten in der Nacht der kleine Mann wach.
Findet nicht zurück in den Schlaf.
Windet sich wie so viele Nächte vorher in der Dunkelheit aus meinem Arm, krabbelt durch mein großes Bett, zieht mir an den Haaren, beisst mich in den Arm oder ins Gesicht.
Setzt sich hin, lässt sich auf meinen Bauch oder Busen fallen oder donnert mit seinen Kopf auf meine Stirn, dass ich mich wirklich beherrschen muss, ihm keine im Affekt zu langen.
Drehe ich den Rücken zu ihm, muss ich Angst haben, dass er kopfüber aus dem Bett fällt.

In der Nacht zu Mittwoch konnte ich dann einfach nicht mehr.

Ihn einfach in sein Gitterbett zu legen mit dem großen Stillkissen funktionierte nicht lange, dann weinte er.
Ich hatte aber keine Kraft mehr, ihn wieder zu mir zu holen.
Mich neben sein Bett auf den kalten Boden setzen wollte ich auch nicht, dazu taten mir einfach noch zu sehr der Bauch und vor allem die Beckenknochen weh.
Also ließ ich ihn weinen und lag mit klopfendem Herzen in meinem Bett.
Irgendwann war Ruhe und ich dachte schon „Endlich ist er eingeschlafen!“ aber dann ging es weiter.
Dann wurde ich wütend: auf mich, auf die ganze Situation, auf den Doppel-M, der seit Tagen durchgeschlafen hatte. Ich will auch!!!
Auf ihn, den kleinen Mann, der mich schon wieder nicht schlafen ließ.
Dann wieder auf mich, weil ich wütend auf ihn war, er aber bestimmt nicht mit Absicht weint (oder vielleicht doch?) und diese ganze Wut ja auch der kleine Zwerg in meinem Bauch zu spüren bekommt.
Ich war innerlich zerrissen.
Ihn hochheben wollte und konnte ich nicht – „12 Kilo!!! Zu viel!!!“ blinkte wieder rot in meinem Kopf.
Ich musste mich beherrschen, ihn nicht anzuschreien, endlich Ruhe zu geben.
Ich wollte doch nur schlafen und meine müden und schmerzenden Knochen etwas ausruhen.
Ich tat Stöpsel in meine Ohren, konnte dennoch nicht einschlafen.
Wälzte mich hin und her.
Hievte mich aus meinem Bett, ging zum Gitterbett, legte den inzwischen stehenden weinenden kleinen Mann wieder hin und ging wieder zurück in mein Bett.
Wälzte mich weiter hin und her.
Irgendwann hielt ich es nicht weiter aus, ging rüber zum Tochterkind ims Kinderzimmer, legte mich auf die Kuschelmatratze, aber auch dort fand ich keinen Schlaf.
Irgendwann hatte wohl der Doppel-M den kleinen Mann gehört und hoch genommen und lag nun mit ihm im großen Bett. Als ich zurück ins Kinderzimmer kam, schaute mich das Tochterkind mit großen Augen an: „Mama, ich kann nicht wieder einschlafen“
Aaaaaahhhhh!
In diesen frühen Morgenstunden hatte ich erstmalig große Angst, das mit drei Kindern nicht zu schaffen.

Ich will mich nicht ständig mit dem Doppel-M streiten und Gedanken haben, dass es vielleicht allein doch einfacher wäre.
Ich will keine Mutter sein, die ihre Kinder ständig anranzt.
Ich will keine Mutter sein, die ihr Kind nachts aus purer Verzweiflung weinen lässt, um Schlimmeres zu verhindern.
Ich will diesem Kind in meinem Bauch ebenfalls Raum geben und auch alles andere, was es braucht, ohne den anderen beiden dafür etwas wegnehmen zu müssen. Ich bin dann weit weg von ihnen, um das irgendwie durchzuhalten, aber das macht sie mir so fremd.
Ich will eine fröhlichere, entspanntere Mutter sein.

Aber ich weiss (oft) nicht wie.

Und schon gar nicht, wie es dann mit einem Neugeborenen werden soll.

Und deswegen bin ich gerade unglücklich.

SSW 27+5

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