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„Mama, wo ist Gott?“

Das Tochterkind trällerte vor einigen Tagen beim Abholen auf dem Rücksitz etwas von Gott und Regenbogen. Ich dachte schon „Huch, ist sie nicht in einem konfessionslosen Kindergarten? Oder habe ich irgendeinen Feiertag vergessen?“ als sie mich mit dieser Frage ein wenig aus der Fassung brachte.

Kurz vorweg: Das Tochterkind ist nicht getauft. Ich und ihr Vater sind beide katholisch, waren aber die Jahre vor ihrer Geburt nur als Gäste von Feierlichkeiten in der Kirche (Hochzeit, Taufe, Begräbnis). Der Doppel-M ist evangelisch, aber mit einer ähnlich geringen Kirchgängerfrequenz, so dass auch das Mini-M nicht getauft ist. Wir – wie auch der Kindergarten – feiern zwar die kirchlichen Feiertage und erzählen/ erklären dem Tochterkind die dazugehörigen Geschichten, aber ansonsten haben Gott und Kirche keinen großen Einfluss auf unser Leben.

„Mama, wo ist Gott?“

Ich selbst bin sehr zwiegestalten zur [katholischen] Kirche aufgewachsen. In der 3. Klasse ging ich zum Kommuniosunterricht, aber nur weil es alle katholischen Kinder aus meiner Klasse so machten und es Geschenke geben sollte. Als 8- oder 9-jährige fragte ich mich aber schon damals: „Wer kann eigentlich mit Sicherheit sagen, dass die Geschichten so richtig erzählt sind? Warum ist jeder so überzeugt davon? Die Geschichten sind doch schon sooo alt, da kann man das nach dieser langen Zeit doch eigentlich gar nicht mehr so genau wissen?“ Ich habe die (teilweise auch für Kinder aufbereiteten) biblischen Geschichten wirklich für bare Münze genommen (bzw. eben auch nicht). Vielleicht war das der Fehler, der mich stets an der ganzen Institution Kirche zweifeln ließ. Ein jeder, der für mich damit zu tun hatte (Religionslehrerein, die Frau die den Kommunionsunterricht machte, der Pfarrer), strahlte für mich so eine endgültige und vollkommene Überzeugung aus, dass es mir schon fast unheimlich war und ich mich nie traute (kritisch) zu fragen. Meine Eltern, selbst Anti- Kirchgänger wenn man das so sagen kann, waren da irgendwie auch keine große Hilfe. Ich kann mich auch nicht erinnern, sie danach gefragt zu haben, aus welchen Gründen auch immer.

Zurück zur Frage vom Tochterkind: „Mama, wo ist Gott?“

Ich erklärte ihr ziemlich überrumpelt und nach den richtigen und für ihr Alter angemessenen Worten suchend, dass ein kleines bisschen von Gott in allen Dingen stecke. „Auch im Regenbogen?!“ Natürlich, auch im Regenbogen. Aber auch in jedem Baum, in jeder Blume und auch in uns Menschen selbst. „Auch in meiner Tomatenpflanze?“ Ja, auch in ihrer Tomatenpflanze :) Im Himmel sei auch ganz viel von Gott- da wo der eine Opa, der Onkel und auch der Kater jetzt seien. Und natürlich auch in der Kirche…. doch da schob ich dann noch ganz schnell hinterher, dass man in der Kirche mit Gott reden könne, also ihm Sachen erzählen könne, auch wenn er nicht antworte. Aber weil es in der Kirche so still sei, könne er das dann besonders gut hören. Sie wäre ja auch schon einmal mit der Oma in der Kirche gewesen, oder? Da sollte sie doch auch leise sein, nicht? Und das Tochterkind bejahte und fragte direkt im nächsten Atemzug, wann wir denn wieder zur besagten Oma fahren würden.

Das Thema Gott war dann fürs Erste erledigt und wir quatschten über den anstehenden Oma- Besuch ein paar Tage später.

Was mir inzwischen klar geworden ist: Ich selbst möchte meine Kinder zwar schon christlich erziehen, aber offen. Ich will von Anfang an klarstellen, dass es da mehrere Arten und Weisen gibt. Dass jeder unterschiedlich glauben kann und darf und es der eine mehr, der andere weniger tut. Und dass nicht alle Menschen auf der Welt an den oder das gleiche glauben. Dass manches einfach nur einen anderen Namen hat, jede Religion unterschiedliche „Regeln“ hat und leider auch viele Menschen glauben, ihre Religion sei die einzig Wahre und deswegen leider schon viel zu viele Kriege stattgefunden haben und noch immer statt finden.

Ich bin schon gespannt wie lange es im Tochterkind arbeitet, was dabei herauskommt und welche Fragen da noch kommen werden.

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